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BILANZ - DAS DEUTSCHE WIRTSCHAFTSMAGAZIN

Zizoo - Mit einem Klick ins Paradies

Luxuriöser Boottourismus boomt. Neue Online- Vermittler machen den Markt zugänglich und ziehen Investoren an.

Die Ozeane und Palmenstrände innerhalb von zehn Flugstunden zu erreichen ist schon lange kein Problem mehr. Doch einsame Inseln nur mit Freunden und Familie auf dem Segelboot zu besuchen und bei Bedarf ins blaue Paradies zu springen, das ist schon etwas Besonderes. So sah es auch Dirk Feldmann*, als er seinen ersten Jachturlaub mit der Familie auf den Seychellen im Internet buchte.

Nach zehn Flugstunden und einer kurzen Taxifahrt zum Hafen auf Mahé ging es sofort los. Der Katamaran lag bereit, der Kapitän winkte schon, und der Koch verstaute noch ein paar Zutaten und Getränke im Innenraum. Jeden Tag für vier Erwachsene und vier Kinder zu kochen wäre ohne ihn in der engen Kombüse auf See sicher eine Herausforderung geworden. Der jüngste Teilnehmer des Abenteuers war gerade mal acht Jahre alt.

Doch es war für alles und jeden gesorgt. Der Skipper steuerte abgelegene Buchten an. Jeder Morgen begann mit einem Sprung ins Wasser. Temperatur: 28 Grad. Einsamkeitsfaktor: fast 100 Prozent. Der Koch brachte auf die Teller, was die örtlichen Märkte an Land und das Meer hergaben. Die acht Tage vergingen viel zu schnell. Und das Beste?"Die Crew hat sehr darauf geachtet, die schönen Seiten der Inseln anzusteuern. So konnten wir viele Orte ganz natürlich entdecken, die wir vom Land aus nicht erreicht hätten", berichtet Feldmann.

Viele neue Internetanbieter

Erste Adressen für Luxusferien auf dem Boot sind heute nicht mehr behäbige Charteranbieter vor Ort, sondern Internet-Plattformen wie der Berliner Anbieter <link 1330 - internal-link "Opens internal link in current window">Zizoo</link>. Auf der Internetseite stehen rund 21.000 Boote in mehr als 500 Häfen in 30 Ländern zur Auswahl. Katamarane, Segeljachten, Rennboote und so weiter. Preise von mehr als 20.000 Euro pro Tag, beispielsweise für einen Katamaran auf Lefkas, sind keine Seltenheit.

Das Besondere an den Internet-Plattformen: Nahezu alle Jachten und Boote sind in Echtzeit verfügbar. Die Buchung verläuft fast so einfach wie bei der Zimmervermietungsbörse Airbnb. Interessierte können sich Fotos der Jachten, deren technische Daten, Ausrüstung, Verfügbarkeit und die Bewertungen anderer Kunden in Ruhe anschauen.

Alle Boote sind zertifiziert, eine Versicherung ist obligatorisch bei jeder Buchung eingerechnet, und eine vollständige Mannschaft mit Kapitän und Köchen kann in den meisten Fällen dazugemietet werden.

Das Geschäft läuft gut. Zizoo, gegründet 2014, will seinen Umsatz in zwei Jahren auf 100 Millionen Euro erhöhen. Die Auswahl an Jachten hat sich herumgesprochen, unter Seglern und mehr und mehr auch unter Nichtseglern, die mit Familie und Freunden Neues erleben wollen. Auch laufen erste Kooperationen mit etablierten Urlaubsanbietern wie DER Touristik, die die <link 1330 - internal-link "Opens internal link in current window">Zizoo</link>-Angebote in ihren Pauschalreisen integrieren. Die Vermittlungsgebühr pro Buchung von 12 und 25 Prozent (die der Vermieter zahlt) galt am Anfang als hoch, doch die Anbieter haben das einst sehr komplizierte Geschäft dank guter Software vereinfacht und belebt. Davon profitieren alle.

Denn wer sich für eine Buchung bei den Berlinern oder anderen jungen Firmen wie Boatsetter aus den USA oder Nautal aus Spanien entscheidet, erspart sich eine Menge Zeit und Papierkram. Ohne die Buchungs-Plattformen lassen sich Boote in der Regel über sogenannte Charteranbieter mieten. Diese verfügen meistens nur über Papierlisten, mit denen Hobbysegler sich für ein Boot entscheiden können. Oft ist auf den ersten Blick unklar, ob das Objekt überhaupt im gewünschten Zeitraum verfügbar ist. Vermittelt werden die Boote dann schließlich über Agenten vor Ort. So vergehen schon mal viele Wochen zwischen Anfrage und Vertragsabschluss ins Land. Von Privatleuten zu mieten ist wiederum vielerorts verboten. Das Risiko, dass etwas passiert oder mit dem Boot etwas nicht stimmt, ist zu groß.

Monatlich klicken über 500.000 Profisegler und Neugierige aus aller Welt auf die Internetseite von <link 1330 - internal-link "Opens internal link in current window">Zizoo</link>. Die Kunden kommen aus Europa, den USA, Russland und dem Mittleren Osten. Am verrücktesten geht es im Januar zu, wenn die Buchungen für den kommenden Sommer anlaufen. "Dann haben wir sehr viele Anfragen", berichtet Geschäftsführerin Anna Banicevic. Im Durchschnitt werde eine Buchung innerhalb von sieben Tagen abgeschlossen. Nur wenn die Wünsche der Kunden zu extravagant ausfielen, dauere es schon mal länger. Etwa, wenn ein Boot nur mit weißem Leder ausgestattet sein soll. "Aber selbst das haben wir letztlich vermittelt", sagt die Unternehmerin. Wird ein Mietvertrag über 20.000 Euro abgeschlossen, erklingt im Zizoo-Großraumbüro in Berlin-Kreuzberg ein Gong. "Meistens höre ich den Klang einmal am Tag", sagt sie.

Die 37-Jährige hat Zizoo gemeinsam mit ihren beiden Geschäftspartnern Ivan Miletic und Sinan Masovic gegründet. Alle drei kennen sich seit ihrer Kindheit in Wien und Kroatien und lieben das Segeln. An einem Strand in Montenegro fassten sie den Entschluss, ein Buchungs-Start-up für Boote auf die Beine zu stellen. Ihre Jobs bei Google, einer Bank und einem IT-Unternehmen kündigten sie dafür.

Mittlerweile beschäftigt Zizoo 70 Mitarbeiter und bezeichnet sich selbst als weltgrößte Vermittlerin von Urlaubsjachten. Den potenziellen weltweiten Markt für Bootsvermietung schätzt Banicevic auf 115 Milliarden Euro. Derzeit würden davon nur zehn Milliarden ausgeschöpft. Konkret: "Weltweit gibt es über 29 Millionen Boote. Ihre Ausnutzungsrate liegt unter fünf Prozent", rechnet sie vor.

Das Marktpotenzial ist demnach riesig. Die Zahlen haben auch Wagniskapitalgeber und Vermögensverwalter aus aller Welt auf den Plan gerufen. Sie alle hoffen auf das nächste große Ding im Touristikmarkt. Plattformen wie Boatsetter, Zizoo oder Nautal gelten in Investorenkreisen bereits als "Airbnb auf dem Meer". Die meisten Anbieter haben schon mehrere Finanzierungsrunden hinter sich, befinden sich aber noch im frühen Stadium ihrer Entwicklung und schreiben keinen Gewinn.

Großes Potenzial sieht die Zizoo-Gründerin ausgerechnet bei denen, die noch nie gesegelt sind, aber es irgendwann im Leben einmal versuchen möchten. 93 Prozent aller Urlauber sind gemäß Zizoo-Marktforschung an Segelferien interessiert. Dazu gehören besonders die Millennials, die sich gern mit Selbstporträts an schönen Orten in grenzenloser Freiheit für ihr Instagram-Profil inszenieren. "Segelbootferien treffen diesen Nerv der Zeit sehr genau", meint Anna Banicevic. Unter erfahrenen Seglern erntet ihr Ansatz allerdings auch Kritik. Sie fürchten, dass die einst einsamen Reviere wegen der neuen Buchungs-Plattformen bald mit unerfahrenen Seglern überlaufen sein werden. Im Mittelmeer sei das bereits zu spüren. "In den Sommermonaten wird es oft schwer, einen Hafenplatz für die Nacht zu finden", berichtet Christoph Schmitt*, Segler seit über 30 Jahren. Das Angebot von Zizoo findet er aber sehr überzeugend. "Tolle Boote", so sein Urteil. Endlich sei mal jemand auf die Idee gekommen, die Charterangebote zu bündeln. Das erleichtere alles.

Auch Dirk Feldmann hat auf den Seychellen gemerkt, dass der Segeltourismus boomt. Manchmal seien nachts drei bis vier Schiffe in der Lagune gelegen. Tagsüber sei man sich dann aber nicht mehr begegnet, erzählt er.

Anna Banicevic bleibt bei ihrer These, denn sie beobachtet noch einen anderen Effekt: "Die Infrastruktur in vielen Ländern und Häfen wird sich verbessern, je beliebter Ferien auf dem Boot werden." In Griechenland und Kroatien werde bereits viel in neue Jachthäfen investiert, auch von staatlicher Seite. "So gesehen verändern wir nicht nur eine Industrie, sondern auch die Angebote, die sie unterstützen", sagt sie.

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Ausgabe: BILANZ #7  Erscheinungstermin 05.07.2019  Themenschwerpunkte Gründer